Ein Beitrag zum Interview mit der TU München
Ich hatte die Gelegenheit, mit der TU-München im Rahmen eines Forschungsprojekts über Nachhaltigkeit im Innenausbau zu sprechen.
Ein interdisziplinäres Studierendenteam des Lehrstuhls für Innovationsmanagement an der TUM, analysieren im Lead User Projekt zukunftsweisende Entwicklungen rund um nachhaltige Arbeitswelten. Dabei richten sie den Fokus insbesondere auf die Innenarchitektur der Zukunft – von kreislauffähiger Möblierung über ressourcenschonende Flächennutzung bis hin zu innovativen Materialien.
Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein PR-Thema. Auch im gewerblichen Innenausbau ist sie angekommen
– zumindest im Gespräch.
Doch was bringt Entscheider:innen wirklich dazu, suffizient zu planen, Materialien wiederzuverwenden oder neue Nutzungskonzepte zu ermöglichen?
Genau darum ging es auch in meinem Gespräch mit der TU München zur nachhaltigen Gestaltung von Büroflächen. Und eines wurde schnell klar:
Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn sie sich am konkreten Projekt orientiert – und an seinen Treibern.
1. Wirtschaftlichkeit als Hebel – Re-Use darf kein Mehraufwand sein
Im gewerblichen Innenausbau – ob im Retail oder Büro – zählen vor allem drei Dinge:
- schnelle Umsetzbarkeit
- klare Sichtbarkeit
- wirtschaftliche Effizienz
Nachhaltige Konzepte wie Re-Use, Urban Mining oder Mietmodelle für technische Gebäudeausstattung haben dort dann eine Chance, wenn sie Prozesse vereinfachen oder Kosten sparen.
Das bedeutet:
Wenn Nachhaltigkeit im gewerblichen Innenausbau wirken soll, darf sie kein Mehraufwand sein.
💡 Ein Beispiel aus der Praxis:
In einem Kundenprojekt hat die Zusammenarbeit mit Concular (Urban Mining) nicht nur Transparenz über Materialflüsse geschaffen, sondern echte Kostenvorteile ermöglicht. Die Nachhaltigkeitswirkung war dabei willkommen – aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend war: Es hat sich gerechnet.
2. Wer definiert eigentlich, was „nachhaltig“ ist?
Eine der größten Herausforderungen: Die Perspektiven von Nutzer:innen und Entscheider:innen klaffen oft auseinander.
Mitarbeiter:innen wünschen sich Aufenthaltsqualität, Flexibilität, vielleicht ein gutes Homeoffice-Konzept.
Bauherren, Investor:innen oder Expansionsverantwortliche denken dagegen an CI-Vorgaben, Mieteinnahmen oder Investitionszyklen.
Heißt konkret:
Wir müssen frühzeitig die richtigen Fragen stellen
– und vor allem: die richtigen Personen erreichen.
Typische Treiber für Nachhaltigkeit im gewerblichen Innenausbau sind u. a.:
- Kostendruck bzw. Lifecycle-Kosten
- Markenidentität, ESG-Vorgaben oder Zertifizierungsziele (z. B. DGNB)
- Kunden- oder Mitarbeitendenbindung
- Standortattraktivität
Wer diese Themen kennt, kann argumentieren – nicht appellieren.
3. Der richtige Fragenkatalog bringt Substanz in den Dialog
Suffizientes Planen beginnt nicht mit der Lösung – sondern mit der richtigen Frage.
Die DGNB stellt dazu einen hilfreichen Fragenkatalog bereit, der sich explizit an Planer:innen richtet. Besonders hilfreich: Er lässt sich auch im Gespräch mit Entscheidenden einsetzen – als Impulsgeber oder als Gradmesser für Offenheit.
Ein kleiner Auszug:
- Welche Materialien lassen sich wiederverwenden?
- Welche Ressourcen können reduziert werden?
- Können Flächen mehrfach genutzt oder geteilt werden?
- Welche Betriebskosten entstehen langfristig?
–> Diese Fragen machen deutlich, ob Nachhaltigkeit im gewerblichen Innenausbau eine Rolle spielt – oder nur mitläuft.
Link zum DGNB Planungstool / Checkliste:
https://www.dgnb.de/de/nachhaltiges-bauen/zirkulaeres-bauen/checklisten
Fazit: Re-Use und Verzicht sind universelle Hebel – unabhängig vom Treiber
Ob Nachhaltigkeit aus Überzeugung, Budgetgründen oder Imagepflege angestoßen wird – entscheidend ist, was daraus wird.
Nachhaltigkeit im gewerblichen Innenausbau bedeutet: die richtigen Hebel erkennen, pragmatisch planen – und mutig auf Suffizienz setzen.
🌱 Suffizienz ist kein Verzicht auf Qualität, sondern ein Gewinn an Klarheit.
🌱 Re-Use ist kein Kompromiss, sondern ein zukunftsfähiger Entwurfsansatz.
🌱 Nachhaltigkeit beginnt nicht mit der Zertifizierung – sondern mit dem Gespräch.
Sie verantworten Ausbauprojekte im Retail oder Office?
Dann lassen Sie uns sprechen: Wie kann Nachhaltigkeit in Ihrem Kontext konkret aussehen?